Michael Hösl erinnert sich

„Es muß gegen 4 Uhr morgens gewesen sein, als ich von Sirenengeheul geweckt wurde. Ein Blick aus unserem Schlafzimmerfenster, welches zum Marktplatz zeigte, beruhigte mich, es war nichts Besonderes festzustellen. Trotzdem trieb mich die Unruhe in den hinteren Teil unserer Wohnung, den Gebäudeteil, welcher an das Brauereigebäude grenzte. Hier befand sich auch das Zimmer unseres Kindermädchens Marianne und die Wohnung unseres Onkels Willy und seiner Frau Erika. Als ich den Gang dorthin betrat, bemerkte ich ein lautes Prasseln. Neugierig geworden folgte ich dem Geräusch bis mir bewußt wurde, daß es unmittelbar über mir brennen musste. Voller Angst und Sorge rief ich nach Marianne, die noch in ihrem Zimmer sein musste.

Nach kurzer Zeit stürzte sie mit ein paar Habseligkeiten in der Hand aus der Tür und rannte mit mir zurück in den vorderen Teil der Wohnung. Hinter uns brannte es bereits lichterloh. Ich sorgte mich damals sehr um Onkel und Tante, bis ich mit Erleichterung erfuhr, dass sie ihre Wohnung noch rechtzeitig verlassen konnten. In der Zwischenzeit waren auch Mutter und Geschwister auf und wir beobachteten durch das Fenster, wie die Mitterteicher Feuerwehr anrückte, damals noch mit dem Löschfahrzeug aus dem Jahr 1930, erst einige Wochen später wurde das neue Tanklöschfahrzeug geliefert. Mutter und Marianne drängten uns, nur notdürftig bekleidet und barfuß, nach unten zu gehen, um das Haus zu verlassen. Als wir vor der Haustüre standen, war diese verschlossen und kein Schlüssel in Reichweite. Die Türe hatte einen Glaseinsatz, diesen trat ein Feuerwehrmann mit seinen Stiefeln ein, wir Kinder wurden durch die Öffnung gehoben und über die Straße zur Familie Erhard Welzel (Metzgerei im Wegmannhaus) getragen, wo wir fürsorgliche Aufnahme fanden.
Der damalige Braumeister Adolf Ruhland bewohnte ein Zimmer im 1. Stock der Brauerei. Als er das Zimmer verlassen wollte, schlugen ihm Flammen entgegen und versperrten den Weg zu Treppe und Ausgang. Über das Fenster machte er auf sich aufmerksam, Feuerwehrleute waren bemüht eine Leiter beizubringen um den Braumeister sicher zu bergen.

Ruhland dauerte dies scheinbar zu lange, seine Zimmertür brannte bereits, Rauch quoll ins Zimmer. In seiner Not sprang er mit einem Bündel Habseligkeiten unterm Arm aus dem Fenster. Gott sei Dank hat er den Sprung unversehrt überstanden. Mittlerweile brannte das Brauereigebäude lichterloh, das Feuer drohte auf Wohn- und Gasthaus überzuspringen. Viele Helfer, darunter die gesamte Belegschaft, brachten wichtige Bürounterlagen, Bargeld und Kleidungsstücke soweit wie möglich in Sicherheit. Am unteren Marktplatz hatten sich unzählige Schaulustige eingefunden. Sie verfolgten, wie Feuerwehren aus umliegenden Ortschaften und Städten eintrafen, um die Mitterteicher Wehr zu unterstützen.

Trotz allem Bemühen gelang es nicht, das Übergreifen der Flammen vom Betriebsgebäude auf das Wohnhaus zu verhindern.

Mit vereinten Kräften schafften es die Wehrmänner, das Feuer in den Morgenstunden zu löschen. Es sei an dieser Stelle besonders die Leistung der Feuerwehren hervorgehoben, mit welch einfacher technischer Ausrüstung im Vergleich zu heute, sie
gegen dieses Großfeuer angekämpft haben.

Tagelang musste eine Brandwache noch Schwelbrände in Schach halten. Das Feuer verursachte nicht nur erhebliche Schäden an den Gebäuden, es vernichtete auch die gesamten Hopfen- und Malzvorräte, zerstörte die Malzfördereinrichtungen, sowie die Schrotmühle.

Bis zur Erneuerung wurde das Malz im städtischen Kommunbrauhaus gemahlen, das Schrot in Säcken in unser Sudhaus gebracht und dort eingemaischt. Das Feuer war aber auch der Auslöser für den Braumeister und Unternehmer Hans Hösl, mit seiner Frau Gertrud Mut zu zeigen.

Die damaligen Inhaber haben mit dem Wiederaufbau von Gebäuden und dem anschließenden Neubau des Sudhauses die Zeit für eine stete technische Erneuerung der Brauanlagen eingeläutet und den Grundstein für eine erfolgreiche Weiterführung der Brauerei gesetzt.“